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Banken verweigern Sparern angemessene Zinsen trotz EZB-Politik.

Banken verweigern Sparern angemessene Zinsen trotz EZB-Politik.

Registriertes Community-MitgliedMikeman am 19.12.2022

Hallo Stefan, wenn man sich die Banken so anschaut kommt man nicht drumherum hier eine Verweigerungshaltung zum Sparer festzustellen. Die Zinsen steigen im Minibereich trotz EZB. Das ist nicht nachvollziehbar. Über einen langen Zeitraum beobachte ich kontinuierlich dieses vortasten im Minischritt. Für längere Geldanlagen gibt es kaum Bewegung. Was würdest Du mit einem Blick in Deine Glaskugel jetzt entscheiden um hier gewinnbringend Geld anzulegen.

Mitglied der RedaktionStefan Erlich am 20.12.2022

Hey Mikeman,

wie so häufig bei so Themen ist das komplexer als man denkt. Der EZB-Zins hat ja erstmal keinen direkten Einfluss darauf, welche Zinsen so im Markt gezahlt werden. Das sind zunächst einmal zwei entkoppelte Märkte, die dann aber durch die Geschäftsbanken und deren Möglichkeiten, Geld bei der EZB zu parken bzw. zu leihen doch irgendwie gekoppelt sind. Nur, weil aber die EZB die Zinsen anhebt, muss das nicht eins zu eins so auch im Markt ankommen, vor allem nicht gleichmäßig über alle Laufzeiten hinweg. Die sogenannte Zinsstrukturkurve (also die Renditen über die Laufzeiten hinweg) ist vielmehr eine Frage der Erwartungen der Investoren im Markt, auch wenn das schon wieder sehr vereinfacht ist. Zinsen und Marktrenditen sind ein komplexes Gebilde, das sich nicht so einfach durch einen EZB-Zins erklären lässt. Ja, die EZB hat mit ihrem Leitzins eine richtungsgebende Wirkung, aber die ist weitaus weniger direkt als man sich das landläufig so vorstellt. Das hat man z. B. in den letzten Wochen vor der kürzlichen Zinsanhebung gesehen als die Zinsen im Markt (also jetzt nicht für Sparer) wieder kontinuierlich gesunken sind, obwohl die EZB rein gar nichts verändert hat. Schön zu beobachten ist das oft auch an den Bauzinsen, die weitaus dynamischer auf den Markt reagieren als die Sparzinsen (siehe https://www.interhyp.de/ratgeber/was-muss-ich-wissen/zinsen/zins-charts/ ...)

Zu deiner Frage nach meiner Glaskugel: Mhhh, recht neblig da drin grad :-) Wenn es nach meinem Bauchgefühl geht, würde ich sagen, dass wir erst einmal au einem gewissen Plateau angekommen sind, ggf. sogar mit eher leicht sinkenden Zinsen in den nächsten Monaten. Langfristig hingegen erwarte ich aber weiter steigende Zinsen. Nur: Was bringts dir, was mein Bauchgefühl sagt? Liege ich richtig, freust du dich und verlässt dich weiter auf meine "Bauchprognosen". Liege ich falsch, haste danach gehandelt und kannst mich aber trotzdem nicht zur Verantwortung ziehen. Vergiss daher lieber sofort, was ich gesagt habe :-) ... Ich persönlich würde mich immer eher fragen, wann ich welches Geld brauche. Warten hat ja auch immer Opportunitätskosten, insofern kann es schon Sinn machen, lieber jetzt mehr anzulegen als zu warten. Den perfekten Weg gibt es nicht. Im Zweifel gilt wie immer: aufteilen, streuen, freuen :-)

Ich weiß, reichlich wage alles, aber wüsste ich mehr, würde ich nicht hier sitzen, sondern auf den Malediven und Cocktails schlürfen :-)

VG, Stefan

Registriertes Community-MitgliedMikeman am 20.12.2022

Vielen Dank Stefan für Deine ausführliche Antwort.Ich werde mir hier nochmal Gedanken machen und dann zur Anlage schreiten.Bis bald Mikeman

Besonders engagiertes MitgliedS.G. am 20.12.2022

@Mikeman: Ich habe schon den Eindruck, dass jetzt nochmal mehr Bewegung reinkommt für Festgeld auf ein bis drei Jahre. Bisher gingen wohl die meisten Analysten davon aus, dass mit den Zinserhöhungen im Frühjahr bei einem maximalen Leitzins ca. 2,75%-3% Schluss sein würde und die Zinsen dann entweder auf einem Plateau bleiben, oder sogar ab Mitte 2023/Anfang 2024 wieder sinken. Das haben die Banken bei längerfristigem Festgeld eingepreist (teilweise waren ja sogar die Sätze für 3-10 Jahre niedriger als für 1-2 Jahre). Die EZB hat letzte Woche dann aber deutlich gemacht, dass sie jedenfalls noch "einige" weitere Zinserhöhungen tätigen wird. Die meisten Analysten haben daraufhin ihre Annahme des maximalen Leitzinsniveaus erhöht, und ich glaube, das wird sich in den nächsten 1-2 Wochen auch in den Tages- und Festgeldzinsen niederschlagen (wahrscheinlich eher in der Breite als in der Spitze).

Natürlich ist das aber alles nicht so simpel, dass man EZB-Zinssätze 1:1 auf Tages- oder Festgeld übertragen könnte. Denn die Banken haben ja auch alles mögliche andere Geschäft - sie vergeben Baukredite, Ratenkredite etc... Und wenn eine Bank einen Baukredit zu 3,5% für 10 Jahre vergibt, wieso sollte sie dann umgekehrt Festgeld für 4,5% auf 10 Jahre anbieten? Wäre ja ein Minusgeschäft. Genauso könnte man aber auch fragen, wenn die Bank doch Ratenkredite oder einen Dispo für 6-12% vergibt, wieso kann sie dann nicht beim Festgeld 4,5% anbieten? Wäre doch ein Plusgeschäft. Aber da spielen sehr viele Dinge mit rein - die Kosten der Bank, die Marge (sie will ja schließlich Geld verdienen), die Erwartungen, wie sich Zinsen perspektivisch entwickeln werden, Marketing und Kundenwerbung, der Markt (was bieten andere Banken gerade an?), wieviel Kapital braucht die Bank gerade bzw. wie viele Neukunden kann sie organisatorisch verkraften etc...

Registriertes Community-MitgliedMikeman am 20.12.2022

Hallo S.G. ebenfalls vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich freue mich über jeden konstruktiven Artikel zu diesem Thema. VG. Mikeman