03.01.2013 - Stefan Erlich - 0 Kommentare
Ein turbulentes Jahr 2013 ist zu Ende und nach all den Zinssenkungen, Krisenmeldungen und Untergangsprophezeiungen sinnieren wir wieder einmal über das, was uns im nun gestarteten Jahr als Anleger erwarten könnte. Für die meisten dürfte dabei wohl vor allem die Frage nach den Anlagezinsen und der Inflation von zentraler Bedeutung sein. Ob auch in 2014 im Rahmen der konservativen Geldanlage noch positive Realrenditen möglich sein werden, können auch wir nicht mit absoluter Sicherheit vorhersagen. Was wir aber können, ist auf die Fakten und aktuellen finanzpolitischen Entwicklungen zu schauen. Einen kleinen Blick in die Glaskugel finden Sie daher in den folgenden Abschnitten.
Liest man dieser Tage die Nachrichten zum Thema Geldanlage, so findet sich kaum eine Meldung, die nicht auf den niedrigen Leitzins der EZB (Hauptrefinanzierungssatz) verweist. Die Europäische Zentralbank hat diesen am 07.11.2013 auf das historische Tief von 0,25 % gesenkt und bereits angekündigt, ihre Niedrigzinspolitik für einige Zeit beibehalten zu wollen. Unterstützt wird dies durch die immer noch extrem expansive Geldpolitik der amerikanischen Zentralbank (Federal Reserve). Doch wie glaubwürdig sind die „Drohungen“ der großen Zentralbanken wirklich?
Feststellen müssen wir, dass sich die Hüter unseres Geldes in eine gefährliche Sackgasse manövriert haben. Erhöhen sie die Zinsen, laufen sie Gefahr, das ohnehin nur mickrige Wirtschaftswachstum abzuwürgen und auch die Zinsen auf Staatsanleihen mittelfristig nach oben zu ziehen. Für viele Krisenstaaten Europas würde es dadurch deutlich schwieriger, neue Kredite aufzunehmen und die Zinszahlungen für diese zu leisten. Ein Pulverfass, dessen Explosion die EZB um jeden Preis zu verhindern versuchen wird.
Bei nüchterner Betrachtung der Handlungsoptionen spricht daher derzeit wenig für eine Leitzinserhöhung in 2014. Eher das Gegenteil wird wohl der Fall sein, auch wenn es für die EZB nach unten hin kaum noch Spielraum gibt und wir ein Szenario mit negativen Zinsen aufgrund der schlechten Erfahrungen Dänemarks für unwahrscheinlich halten. Die wirklich tiefliegenden, strukturellen Probleme der bekannten Krisenstaaten sind jedenfalls bis heute ungelöst, was auch Angela Merkel kürzlich bei einem Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs anmahnte. Eher wird man sich daher wohl mit dem Risiko abfinden, durch die lockere Geldpolitik langfristig Inflation zu erzeugen, als die Integrität der Euro-Zone zu gefährden.
Der direkte Einfluss des EZB-Leitzinses auf die Zinsen konservativer Geldanlagen wie Tages- und Festgeld ist in der Praxis nicht so groß, wie man häufig meint. Viele Banken mit eigenem Kreditgeschäft refinanzieren sich z. B. gar nicht über die EZB, da sie für diese Geschäfte bestimmte Wertpapiere als Sicherheit hinterlegen müssten, die sie entweder gar nicht haben oder nicht dafür blockieren möchten. Tatsächlich beeinflusst werden die Anlagezinsen eher indirekt durch den aktuellen Refinanzierungsbedarf der Banken, die Kreditnachfrage, das allgemeine Zinsniveau und die Konditionen alternativer Refinanzierungsinstrumente (z. B. Kredite von anderen Banken).
Schauen wir uns die aktuell am Markt aktiven Banken und deren Finanzierungsbedarf an, so ergibt sich aus unserer Sicht für 2014 ein eher neutrales bis pessimistisches Bild. Die in 2013 noch so aktive RaboDirect hat für 2014 bereits ein langsameres Einlagenwachstum angekündigt, und auch die Renault Bank wird nach dem massiven Erfolg im vergangenen Jahr vermutlich mit leicht angezogener Handbremse weiterfahren. Es bleiben noch die üblichen Verdächtigen ING-DiBa und Consorsbank, welche sich mit ihren Neukundenangeboten und Zinsgarantien wohl auch weiterhin am oberen Ende des Marktes bewegen werden. Insgesamt ist dies aber nichts, was die Zinsen für konservative Geldanlagen wirklich bewegen könnte. Nur eine größere Bank mit hohem Refinanzierungsbedarf könnte durch einen Einstieg in den deutschen Markt für Spareinlagen noch wirklich etwas Bewegung hineinbringen, doch ein solcher Einstieg ist im Moment nicht in Sicht.
Wo wir noch am ehesten Veränderungen erwarten, ist bei den längerfristigen Festgeldzinsen. So gibt es noch immer Gerüchte über die für den Frühjahr geplanten Zinserhöhungen einiger Banken, und so mancher munkelt, dass sich die langfristig eher pessimistischen Erwartungen vieler Marktteilnehmer auch wieder in den Renditen von (Staats-)Anleihen niederschlagen werden. Dies könnte sich mittelfristig wiederum positiv auf die Zinsen für Spareinlagen auswirken. Eine solche Entwicklung würde allerdings den Interessen der EZB zuwiderlaufen, sodass potenziell mit Gegenmaßnahmen zu rechnen ist. Was letztlich von einem leicht positiven Zinstrend beim längerfristigen Festgeld übrig bleiben wird, werden wir erst im Laufe der nächsten Monate wirklich wissen.
Aufgrund des niedrigen Leitzinses der EZB können sich die Geschäftsbanken derzeit zwar extrem günstig Geld leihen, gleichzeitig geben diese aber auch immer weniger Kredite an Unternehmen und Privatleute aus. Doch nur wenn deren Nachfrage (z. B. stimuliert durch neue Kredite) und/oder die Kosten (z. B. von Öl, Stahl etc.) anziehen würden, könnte die Inflation tatsächlich stark steigen. Weder das eine noch das andere ist derzeit aber absehbar. Es stellt sich daher die Frage, ob die Angst vor einer stark steigenden Inflation nicht zumindest für die kommenden Monate doch eher unberechtigt ist. Das Beispiel Japan zeigt jedenfalls, dass niedrige Zinsen auch für längere Zeit mit relativ niedriger Inflation einhergehen können.
Was den langfristigen Horizont angeht, so glauben wir weiterhin, dass sich die expansive Geldpolitik fast aller Zentralbanken der Welt auch irgendwann in den Preisen niederschlagen wird. Einzig der Zeitrahmen hierfür ist nur schwer vorherzusagen. Für die hoch verschuldeten EU-Staaten und auch die USA gibt es derzeit praktisch keine Alternative zu einer erhöhten Inflation, da ein Schuldenschnitt oder Schuldenerlass von größerem Ausmaß letztlich als Pleite gewertet werden würde, mit entsprechenden Folgen für die Wirtschaft dieser Länder. Durch Inflation könnten sich überschuldete Staaten dagegen über die Zeit elegant von ihren Schulden lösen, denn während die Steuereinnahmen mit dem Preisniveau wachsen, bleiben die Zins- und Ratenzahlungen konstant und verlieren real gesehen für den Gläubiger sogar an Wert.
Was haben wir uns für 2014 vorgenommen? Nachdem wir in 2013 doch einige Monate in die Erneuerung und Erweiterung unseres Software-Systems investiert haben, werden wir uns in 2014 wieder verstärkt auf die für unsere Nutzer vor allem interessanten Inhalte wie Testberichte und Fachartikel konzentrieren. So sammeln wir derzeit bereits eigene Erfahrungen und Daten für die geplanten Testberichte zur ING-DiBa, Yapi Kredi Bank und NIBC Direct. Darüber hinaus wollen wir uns auch anderen Investitionsmöglichkeiten widmen, die über das klassische Tages- und Festgeldkonto hinausgehen. Ebenfalls verfolgen werden wir einige interessante Startups, die sich derzeit am Anleger- und Bankenmarkt platzieren (siehe z. B. www.bettervest.de, www.avuba.de).
Auch auf der technischen Seite planen wir für 2014 einige Neuerungen. So wollen wir nun endlich die bessere Darstellung der Zinsverläufe von Tagesgeldkonten in Angriff nehmen, damit Nutzer die historischen Zinsen eines Tagesgeldkontos mit der Inflation und dem jeweils besten Anbieter im Markt vergleichen können. Ebenfalls geplant ist eine Frage-Antwort-Plattform, über die Sie konkrete Fragen stellen und darauf Antworten von uns und potenziell anderen Nutzern erhalten könnten. In diesem Zusammenhang denken wir auch gerade über eine Art Community mit Forum nach, um den Austausch zwischen den Nutzern zu fördern. Wenn Sie darüber hinaus noch Wünsche oder Anregungen haben, dann zögern Sie nicht und schicken Sie uns eine kurze E-Mail an info@kritische-anleger.de.
Das anstehende Jahr wird Anlegern wohl wieder einiges an Nerven und Geduld abfordern. Wir erwarten höchstens bei längerfristigem Festgeld Zinserhöhungen, wobei uns immerhin die relativ niedrigen Inflationsaussichten positiv stimmen. So gern wir uns aber an der Vorhersage der Zukunft versuchen, so sehr müssen wir am Ende auch wieder eingestehen, dass Prognosen immer nur auf Annahmen und Vermutungen basieren. Nicht selten kommt alles dann doch irgendwie anders als erwartet.
Umso mehr heißt es wohl, sich auf altbewährte Grundprinzipien der Geldanlage zurückzubesinnnen. Streuen Sie Ihr Vermögen zum Beispiel auf mehrere Konten/Banken und Anlageklassen, spekulieren Sie nur mit Geld, dessen Verlust auch wirklich verkraftbar wäre, und setzen Sie vor einer Anlageentscheidung die potenzielle Rendite immer ins Verhältnis zum Risiko (= Verlustpotenzial). Wenn Sie diese Tipps beherzigen, werden Ihnen die kommenden Monate sicherlich auch trotz eventueller Turbulenzen keine schlaflosen Nächte bereiten.
Wir wünschen Ihnen ein erfolgreiches Anleger-Jahr 2014, bedanken uns für Ihre Treue in 2013 und senden beste Grüße aus der Finanzmetropole Frankfurt.
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