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Wohlhabend in den Ruhestand: Interview mit Thomas Beutler

18.01.2024 - Stefan Erlich - 7 Kommentare

Wohlhabend in den Ruhestand: Interview mit Thomas Beutler

In diesem Interview habe ich die Ehre, Honorarberater Thomas Beutler eine Reihe von Fragen zu seinem neuen Buch "Wohlhabend in den Ruhestand" zu stellen. Wir kennen uns schon mehrere Jahre und haben vor einiger Zeit genau zu diesem Thema zusammen ein Webinar veranstaltet. Thomas ist mittlerweile nicht nur Honorarberater, sondern auch erfolgreicher YouTuber und nun auch Buchautor.

Stefan Erlich: Hallo Thomas, du hast kürzlich dein erstes Buch veröffentlicht mit dem Titel “Wohlhabend in den Ruhestand: Finanzplanung Ü50”. Das passt natürlich aufgrund der Altersstruktur unserer Nutzer sehr gut zu Kritische-Anleger.de, weshalb wir dich hiermit auf ein kleines Interview eingeladen haben. Der ein oder andere kennt dich vielleicht noch von früheren Kooperationen, aber vielleicht magst du dich trotzdem noch einmal kurz vorstellen: Wer bist du? Was machst du? Und was hat dich zum Schreiben des Buches bewegt?

Privat lebe ich mit meiner 6-köpfigen Familie im beschaulichen Limbach/Saarland. Ich würde ja jetzt noch gerne von spektakulären Hobbies berichten, aber neben meiner Familie gibt es für mich nur noch meine Leidenschaft für die Finanzwelt, die ich mittlerweile ja auch auf YouTube auslebe. Ich bin gelernter Banker und Diplom-Betriebswirt für Finanzdienstleistungen. In der Bank habe ich viele Jahre gearbeitet und war Filialleiter und Betreuer für die vermögenden Kunden. 2014 war für mich das entscheidende Jahr der Veränderung. Ich kündigte und wurde zum offiziellen Finanzanlagen-Honorarberater. Ich kann behaupten, dass dies die beste berufliche Entscheidung meines Lebens war. Ich wollte schon immer die Leute ehrlich und ohne Hintergedanken beraten. Nur als echter Honorarberater ist dies für die Kunden gewährleistet, denn es gibt keinen Interessenkonflikt mehr.

Warum jetzt das Ü50 Buch? Meine Kundschaft war schon immer etwas vermögender und somit tendenziell auch schon etwas älter. Ich kenne also bereits etliche Situationen von tendenziell älteren Menschen in Sachen Vermögensmanagement und konnte so sehr gut von meinen Erfahrungen und Erlebnissen berichten.

Stefan Erlich: Was macht denn aus deiner Sicht die Geldanlage für Menschen über 50 so herausfordernd? Und wie unterscheidet sich die Geldanlage eines 60-jährigen von einem 20-jährigen?

Zunächst ändern sich die Gesetze der Geldanlage nicht, wenn man jünger oder älter ist. Was sich ändert, ist die Planung. Ein 20-jähriger braucht außer Disziplin keinen großartigen Plan. Im höheren Alter sollte ich allerdings einen Plan haben. Wann benötige ich mein Geld? Wie kann ich das optimale Ablaufmanagement betreiben? Es ist ähnlich wie das Flugzeug, welches die Flughöhe nun langsam verlässt und sich auf den Landevorgang vorbereitet.

Stefan Erlich: Als ich das erste Mal über dein Buch gestolpert bin, ist mir sofort aufgefallen, dass du nicht von Geldanlage, sondern eher von Finanzplanung sprichst. Kannst du die Hintergründe dieser Sprachwahl erklären? Was unterscheidet Geldanlage von Finanzplanung?

Die Geldanlage kommt erst am Ende. Bevor ich mich in mein Auto setze und losfahre, überlege ich ja auch, wo ich eigentlich hin will. Es sind ganz rudimentäre Überlegungen, die aber am Ende über Gelingen oder Versagen entscheiden. Ein typischer Fehler wäre der Auszahlplan direkt aus einem Aktienfonds. Das sogenannte “Sequence of returns risk” (SORR) beschreibt dieses Phänomen des Entnahmerisikos sehr gut. Wenn man von einer gewissen Marktrendite in den nächsten 10 bis 15 Jahren ausgeht, dann kommt es im Falle eines Auszahlplanes ganz entscheidend auf die Reihenfolge der Renditen in den jeweiligen Jahren an. Das kann dann ziemlich schnell sehr ungünstig verlaufen, so dass ich den direkten Auszahlplan aus Aktienfonds nicht empfehlen kann.

Stefan Erlich: Kannst du an dieser Stelle vielleicht auch kurz anreißen, welche Top 3 Faktoren man als AnlegerIn Ü50 bei der Finanzplanung beachten sollte? Spontan kommen mir z. B. Liquidität, Erbschaft, Verlusttoleranz, Gesundheit und Rente in den Kopf. Kannst du das ggf. ein wenig erweitern, ordnen und erläutern?

Schritt 1: Ausreichend Liquidität planen und auch die Ziele und Wünsche, die man noch im Leben hat, konkret (zeitlich) verplanen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Eine Investition in sich selbst und in Erinnerungen ist eine unterschätzte und lohnende Anlageklasse. Zwar ohne monetäre Rendite, aber von Erinnerungen kann man noch lange zehren.

Schritt 2: Das nicht unmittelbar nötige Vermögen teile ich dann noch mal auf in mittelfristige Laufzeiten (1 Jahr bis 5 Jahre) und in längerfristige Laufzeiten (mindestens 5 Jahre). So kann ich für jeden Laufzeitbereich die optimale Anlageformen wählen. Dieses Verhältnis wird dann einmal pro Jahr überprüft.

Natürlich kann ich mich dann auch noch um das Thema “Vererben” und letzter Wille kümmern, wobei es auch helfen kann, wenn man zu Lebzeiten schon seine Liebsten unterstützt, um anschließend das restliche Vermögen selbst zu verleben und das gänzlich ohne schlechtes Gewissen.

Stefan Erlich: Wie sehen Menschen Ü50 auf Basis deiner Beratungserfahrung eigentlich Aktien? Und was empfiehlst du selber hinsichtlich Aktien? Ist das etwas, was auch ältere Menschen im Portfolio haben sollten (wenn ja, in welcher Form?) oder sind hier die Risiken einfach zu groß?

Aktien gehören (fast) immer ins Depot. Für Beratungskunden, die zum Honorarberater gehen, in jedem Fall, denn diese Anlegergruppe lebt ja in aller Regel nicht von der Hand in den Mund.

Die Frage ist nur, welchen Anteil des Vermögens kann auch in Aktien investiert werden.Viele setzen Aktien mit Glücksspiel und verbinden das Sparbuch im Umkehrschluss mit Sicherheit, da der Wert nicht schwankt. Hier ist ein Umdenken nötig.

Wie will ich denn meine Vermögenswerte verlustfrei in die Zukunft transportieren ohne Sachwerte? Die Inflation nagt stetig. Währungen verlieren im Laufe der Jahre Kaufkraft, der Vermögensverlust ist vorprogrammiert. Auf Dauer kann man diesen Verfall alleine mit Zinsprodukten nicht aufhalten. Daher ist es der gesunde Mix, der in jeder Lebenslage und in jedem Alter nötig wird. Beim Start in den Aktienmarkt sollte man zunächst weltweit streuen und dabei die Größenverhältnisse in der Welt berücksichtigen. Es ist daher völlig folgerichtig, wenn die USA den größten Anteil im Portfolio haben.

Stefan Erlich: Viele ältere Menschen sind ja im Besitz von Immobilien, häufig in Form von Einfamilienhäusern. Hast du eine Meinung zu dieser Form von Investments und wie sollte man aus deiner Sicht damit im Alter umgehen? Verkaufen, weiter selber bewohnen, vermieten?

Ganz schwierige Frage. Tatsächlich gehe ich auch in meinem Buch auf solche Erlebnisse mit Kunden ein. Wenn es sich um das selbstbewohnte Eigenheim dreht, dann ist das hoch emotionales Thema. Hier geht es nicht mehr um die Rendite. Hier geht es um das Gefühl von Heimat. Bei vermieteten Objekten kann man schon eher rational und kühl kalkulierend entscheiden. Fürs Eigenheim wird es schwieriger und ich sehe hier in Zukunft einen großen Bedarf an Lösungen. Zum Beispiel: Wie kann ich in meinem eigenen Heim bis zum Lebensende wohnen und trotzdem wirtschaftlich von diesem Vermögenswert zehren? Aktuell gibt es nach meiner Einschätzung noch keine attraktiven Komplettlösungen von Anbietern. Eine Idee wäre der Verkauf mit lebenslangem Nießbrauch-Recht. Aber die Kalkulation dahinter ist nicht trivial.

Stefan Erlich: Ich selbst verspüre bei unseren älteren Nutzern eine große Skepsis gegenüber Neuem, wobei “neu” eine sehr breit gefächerte Bezeichnung sein kann. Für den einen sind Aktien schon neu, für den anderen ist es Bitcoin. Das führt dazu, dass sich viele auf Tages- und Festgeld beschränken oder gar ihr Geld auf dem Girokonto belassen. Ist das aus deiner Sicht problematisch?

Es wäre sogar ratsam in der Finanzwelt nicht den neuen Innovationen nachzurennen. Ich denke da zum Beispiel an die vielen Zertifikate, die wieder in Sparkassen und Volksbank an ahnungslose Kunden verkauft werden. Oder hochtrabend klingende Fondskonzepte, wie zum Beispiel die UniPrivatFonds-Serie. Dort liegen zig-Milliarden Euro renditefrei umher. Zudem zahlen die Leute regelmäßig hohe Provisionen an Fondsgesellschaft und Bank. Hier sollten die Menschen in Deutschland unbedingt in Bewegung kommen. Gegebenenfalls kann man zwecks Prüfung auch einen Honorarberater seines Vertrauens einschalten. Kopf in den Sand stecken und Geld nur auf Sparkonten parken ist jedenfalls auch nie eine gute Lösung. Wir kommen zurück auf den “guten Plan” von zu Beginn.

Der Bitcoin ist in jedem Fall keine notwendige Beimischung. Über Gold kann man streiten. Eine Beimischung in die Anlageklasse Aktien ist aber in fast allen Fällen anzuraten.

Stefan Erlich: LeserInnen schätzen ja oft ganz konkrete Anlagevorschläge. Gibst du in deinem Buch genau solche? Wenn ja, kannst du uns hier vielleicht ein paar von diesen konkreten Vorschlägen in Form von Anlageprodukten nennen?

Ja, ich gebe zumindest konkrete “Zutaten” an, die man für sein jeweiliges “Rezept” benötigt. So nenne ich beispielhafte Indexfonds, die man für bestimmte Anlagehorizonte nutzen kann. Am Ende kommt es dann aber auf den individuellen Plan an, den ich nicht allgemeingültig für alle empfehlen kann.

Stefan Erlich: Magst du vielleicht noch ein wenig abgrenzen bzw. Beispiele dafür geben, wer von deinem Buch profitieren kann und wer sich vielleicht eher an tiefergehende/andere Ratgeber wenden sollte? Welches Vorwissen wird erwartet?

Mein Buch richtet sich eher an Anfänger oder an Leute, die schon viele Fehler gemacht haben und noch mal neu starten wollen. Zu Beginn steht eine korrekte “Kalibrierung” und die wird im Buch durchgeführt. Das Buch soll bei der Transformation vom Sparer zum Investor helfen. Es beginnt mit den Grundlagen, also der inneren Einstellung, sowie den gelernten Glaubenssätzen zum Thema “Geld”. Es ist elementar zu verstehen, dass es da draußen keine Gurus und auch keine Propheten gibt, die uns Entscheidungen abnehmen können. Im Umsetzungsteil wird es dann sehr konkret, so dass man am Schluss ausreichend aufgeklärt sein sollte.

Stefan Erlich: Zum Schluss würde ich dich gern noch ein wenig aus der Reserve locken und an einem Beispiel abklopfen, was gute Finanzplanung für dich heißt. Stell dir Werner Müller vor, 58 Jahre alt, Ingenieur mit gutem Verdienst (65.000 € brutto), noch immer glücklich verheiratet, zwei Kinder (20 und 23 Jahre alt und in Ausbildung), mit sanierungsbedürftigem Einfamilienhaus und etwa 200.000 € auf Tages- und Festgeldkonten, keine Aktien oder sonstiges “Gedöns”. Was würdest du Herrn Müller auf Basis deines Buches mit auf den Weg geben?

Bei Herrn Müller beginnen wir mit der Analyse des Status Quo. Was hat er an Vermögenswerten? Welche Kapitalversicherungen laufen?Wie hoch ist das Optimierungspotenzial?

In der Planung spielen die nötigen Sanierungskosten eine wichtige Rolle, aber auch die Frage, ob er mit seiner Frau überhaupt in dem Haus bleiben will. Welche Pläne und Wünsche hat er? Wie sieht seine Situation im Alter aus? Was kann er monatlich sparen? Kann er Rücklagen aufbauen? Kann er für den nächsten Urlaub Vermögen zur Seite legen?

Ich könnte mir gut vorstellen, dass er Teile seines Vermögens auch langfristig und in Sachwerte investieren kann. Die mögliche Gewichtung hängt dann stark mit der Beantwortung der Fragen zusammen. In der Umsetzung sollte er dann breit und günstig streuen. Auf jeden Fall ist er in einer sehr guten Position, um seine finanzielle Zukunft positiv zu gestalten.

Wer Lust auf mehr hat, kann sich Thomas Buch einfach bei Amazon oder in jedem guten Buchhandel bestellen. Alternativ veröffentlicht Thomas auf YouTube auch regelmäßig Videos zum Thema und informiert ebenso regelmäßig per Newsletter über Aktuelles zur Geldanlage.

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am 24.04.2024 - 19:32 Uhr Link

Danke für das gute Interview. Ich selbst bin durch gewisse Turbulenzen in meinem Leben mit Anfang 50 in die Frühpension geraten, hatte keine Ahnung von Geldanlage, und habe vor 10 Jahren etwa damit angefangen, mich um mein Geld zu kümmern. Problematisch ist, dass ich nie etwas geerbt habe oder erben werde, keine Immobilie besitze ( was ich bereue, denn dann hätte ich nicht das Problem, dass meine Wohnung von Eigenbedarfskündigung bedroht ist,)und mit 69 Jahren immer noch in einem Minijob arbeiten muss, um gut über die Runden zu kommen. Allerdings lebe ich bescheiden und spare in ETFs und auch Einzelaktien, weil ich dort jedes Jahr die Dividende bekomme. Alles in sehr bescheidenem Rahmen, aber erfolgreich. Ich fühle mich dadurch besser, als wenn ich dem Bankberater glaube. Das hab ich eine Zeit lang gemacht und Geld verloren. Ich würde gerne wissen, wann ich meine einzelnen Besparungen / ETFs verkaufen sollte, diese Pantoffel ETF Version von Finanztest verstehe ich leider nicht so ganz. Wie auch immer, ich freue mich über eure Beiträge und bin dankbar, dass es euch gibt.
Mari, Düsseldorferin in Berlin

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am 27.03.2024 - 20:11 Uhr Link

Gutes Interview!
Ich kenne T.B. von YouTube und einem Beratungsgespräch.
“Investiert in Wissen” ist sein Kredo - denke das passt!

Gerade denke ich (65) über ein “vernünftiges” Ausstiegszenario aus meinen Aktien, Fonds und ETF nach.
Wäre das nicht mal ein Thema für Euch?
Welcher Zeitraum ist nötig?
Soll man Werkzeuge wie StoppLoss oder Trailing StoppLoss dafür nutzen?

Danke für Eure tolle Arbeit!

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Redaktion  am 27.03.2024 - 21:32 Uhr Link

Hi acdc, finde ich grundsätzlich auch ein spannendes Thema, aber zum einen fehlt uns dazu einfach die Erfahrung (da hat Thomas wesentlich mehr aus der Praxis zu erzählen) und zum anderen aktuell die zeitlichen Ressourcen :-(

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am 15.04.2024 - 15:20 Uhr Link

Ratschläge für 65+ wären wünschenswert.

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am 06.02.2024 - 16:33 Uhr Link

Danke, Danke, Danke
Von vielen der ach so tollen (neuen) Finanzkonstrukte habe ich eh keinerlei Ahnung und fühle mich schon allein durch die von neuen Begriffen strotzende Begriffswelt vielen Banker komplett über den Tisch gezogen. Im Gegensatz zu mir halten sich insbesondere viele Angehörige der wohlhabenden Handwerkerkaste zu solchen Dingen bestens informiert. Nur komisch das gerade diese meist sehr viel und hart arbeitenden Bevölkerungsgruppe besonders oft auf Scharlatane und Betrüger rein fällt und öfters mal 100 000 Euro und weit mehr total abschreiben muss.

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am 06.02.2024 - 17:58 Uhr Link

@Kritischer,
in welchem Zusammenhang steht Dein Kommentar zu KA?

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Redaktion  am 06.02.2024 - 22:06 Uhr Link

Das musste er/sie sich einfach von der Seele schreiben ;-) Konnte, nicht, mehr, drin, bleiben !!!!!!!! :-)

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