Crowdinvesting-Tagebuch März 2017

16.03.2017 - Stefan Erlich - 0 Kommentare

Crowdfunding-Tagebuch März 2017

Der März brachte uns neue Investments bei Zinsbaustein und LeihDeinerUmweltGeld (jeweils in Höhe von 500 €), Fragen hinsichtlich der Abgrenzung einer Unternehmensfinanzierung und der einer Erneuerbare-Energien-Anlage sowie Verwunderung über die aktuell geringe Anzahl an Crowdfunding-Projekten im Markt. Darüber hinaus präsentieren wir zwei aktuelle Bonus-Aktionen von Exporo und Bergfürst und bieten unser Excel-Portfolio-Template erstmals zum öffentlichen Download an. Los geht es aber mit den Risikohinweis und unserem Portfolio-Überblick.

Risikohinweis: Der Erwerb von Vermögensanlagen über Crowdfunding ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Bitte beachten Sie dazu auch unsere ausführlichen Hinweise und vergessen Sie nie die Streuung über möglichst viele verschiedene Projekte, um das Verlustpotential zu minimieren.

Der aktuelle Portfolio-Überblick mit allen Kennzahlen

Mit unseren zwei neuen Investments in Höhe von je 500 € kommen wir mittlerweile auf einen investierten Gesamtbetrag von 11.020 €. Die erwartete durchschnittliche Rendite vor Ausfällen konnte durch das mit 8 % verzinste Projekt von LeihDeinerUmweltGeld auf 5,76 % erhöht werden. Die Dominanz der Immobilienprojekte bleibt auch weiterhin unangefochten, was sich aufgrund der geringen Projektverfügbarkeit alternativer Projekte wohl auch in Zukunft nicht so einfach beheben lassen wird, zumal Projekte wie das von LeihDeinerUmweltGeld eher in Richtung Unternehmensfinanzierung gehen als in die eines klassischen Erneuerbare-Energien-Investments. Sollte sich die Projektverfügbarkeit langfristig weiter verringern, muss man sich tatsächlich die Frage gefallen lassen, inwiefern Crowdfunding noch als Geldanlage taugt, wenn keine vernünftige Diversifikation außerhalb der Immobilien mehr möglich ist.

Die (zukünftige) Versteuerung der im letzten Crowdfunding-Tagebuch angesprochenen Zinsgutschrift in Höhe von 10,52 € (plus 10,73 € Tilgung) von greenXmoney haben wir nun im Rahmen der Portfolio-Excel-Tabelle als zusätzlichen, virtuellen Zahlungsstrom gelöst. Da die Kapitalertragsteuer erst im Rahmen der Steuererklärung Mitte 2018 fließen wird, wir aber gleichzeitig den Portfolio-Kontostand jeweils aktuell wissen wollen, musste eine solche Lösung her. Entsprechend hat sich der Cash-Bestand um ein paar Euro auf 26,78 € verringert. Es ist eine rein buchhalterische Maßnahme, die aber Klarheit hinsichtlich des für neue Investments verfügbaren Guthabens schafft, schließlich wollen wir die Erträge kontinuierlich reinvestieren, um vom Zinseszins zu profitieren. Sie haben eine bessere Lösung für die Berücksichtigung von zukünftig abzuführenden Steuern? Dann melden Sie sich gern unter info@kritische-anleger.de.

Aktuelle Projekte und Kennzahlen unseres Crowdfunding-Portfolios (Stand: März 2017)

Neuigkeiten & Gedanken zum Thema Crowdfunding

1) Gehen dem Markt die Projekte aus?

Es ist aktuell nur ein Gefühl, aber in den letzten Wochen hat sich die Verfügbarkeit von Crowdfunding-Projekten (Startups ausgeschlossen) deutlich reduziert. Schaut man heute in unseren Crowdinvesting-Vergleich, so finden sich dort aktuell nur noch 13 Projekte. Bis vor einigen Monaten waren es noch über 20! Plattformen wie greenXmoney, Econeers haben schon seit Längerem kein Projekt mehr online. Nun ist aber auch bei iFunded und Home Rocket kein Projekt mehr zu finden und selbst Zinsland stand kürzlich für eine gewisse Zeit ohne Projekt da. Unsere Vermutung: Projekte werden aufgrund des gestiegenen Interesses seitens der Anleger immer schneller finanziert, wodurch sich auch der Bedarf an soliden Projekten erhöht. Gleichzeitig buhlen aber eine ganze Reihe von Crowdfunding-Plattformen um diese Projekte und die Vorlaufzeit für die erfolgreiche Platzierung eines Immobilienprojektes auf einer Plattform ist Gerüchten zufolge doch länger als von vielen erwartet. Uns als Anleger stellt dies vor große Herausforderungen, denn es erschwert die Diversifikation enorm, zumal einige Projektentwickler teils mehrfach mit unterschiedlichen Projekten auftreten, wir jedoch Projekte mit gleichem Entwickler soweit möglich vermeiden wollen.

2) Zweifel an Crowdfunding durch Protonet-Pleite?

Kürzlich musste das Hamburger Startup Protonet Insolvenz anmelden. Das Unternehmen hält den Rekord für das höchste Crowdinvesting in Deutschland und wollte zusammen mit der Crowd bessere Cloud-Speicherlösungen entwickeln. Nun mussten die Gründer einsehen, dass dieser Markt schwieriger ist als ursprünglich gedacht. Einige Marktbeobachter riefen nach der Pleite von Protonet schnell den "Tod des Crowdinvestings/Crowdfundings" aus, was aus unserer Sicht jedoch Blödsinn ist. Startups waren schon immer eine Anlageklasse für sich. Hier gibt es nicht nur Unsicherheit bzgl. des Teams, sondern auch bzgl. des Produktes und Marktes. Zumeist existiert das Geschäftsmodell nur in den Köpfen der Gründer und muss sich erst am Markt beweisen.

Das an sich wäre noch nicht zwangsläufig problematisch, jedoch hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Crowd-Investoren bei erfolgreichen Ideen schnell mit vermeintlich lukrativen Deals aus dem Unternehmen gedrängt werden. Damit Startup-Finanzierung jedoch langfristig funktioniert, braucht man als Investor bei einem kleinen Teil der Investments einen extrem lukrativen Ausstieg, und damit sind nicht 10 % oder 20 % Rendite gemeint, sondern ein Vielfaches des investierten Geldes. Ohne diese extrem lukrativen "Exits" können die restlichen Insolvenzen nicht kompensiert werden. Als kleiner Crowd-Investor haben Sie jedoch in der Regel das Nachsehen gegenüber professionellen Investoren mit Erfahrung und Einfluss.

Daher Finger weg vom Startup-Crowdfunding - zumindest als Geldanlage. Die Finanzierung von Startups per Crowdfunding war für Privatanleger noch nie als Geldanlage interessant und wird es auch in Zukunft nicht werden. Davon strikt zu unterscheiden sind Immobilien und Erneuerbare Energien, deren Geschäftsmodelle bekannt und erprobt sind. Das macht sie noch nicht zu sicheren Geldanlagen, aber es reduziert die Komplexität des Risikos. Die Grenze zwischen Startups und bewährten Geschäftsmodellen ist teilweise natürlich fließend (siehe unser zweites Projekt), allerdings muss in solchen Fällen dann jeder für sich entscheiden, welche Strategie er für sein Portfolio fährt und wie viel Verlust er tatsächlich ertragen kann.

3) Das Finanzamt und die Crowdfunding-Anleger

Die über Crowdfunding erzielten Kapitalerträge müssen versteuert werden. Das sollte eigentlich jedem Anleger bewusst sein. Dabei gibt es jedoch einige Dinge zu beachten, vor allem hinsichtlich der Dokumentation gegenüber dem Finanzamt und dem damit verbundenen Aufwand. Das Thema ist beliebig komplex, da sich je nach persönlicher Steuersituation unterschiedliche Empfehlungen geben lassen. Den Versuch eines Überblicks finden Sie jedoch in unserer kürzlich veröffentlichten Kolumne zum Thema Steuern & Crowdfunding.

4) Excel-Template für Ihr Crowdfunding-Portfolio

Einige Nutzer hatten uns gebeten, ihnen das Template für die Verwaltung unserer Crowdfunding-Investments zu übersenden. Wir sind bisher ein wenig davor zurückgeschreckt, unser Excel-Template zu veröffentlichten, da es hinsichtlich der technischen Möglichkeiten eher in die Kategorie "Hobby-Bastler" und "Work in Progress" einzuordnen ist. Da das Interesse daran jedoch so groß zu sein scheint, wollen wir das Template ab sofort jeden Monat als Download zur Verfügung stellen. Beachten Sie jedoch, dass wir die Tabelle praktisch jeden Monat weiterentwickeln und verändern (siehe z. B. die Zahlungsübersicht im Monat März), sodass diese nicht als finales Produkt zu sehen ist. Vielleicht hat einer unserer Leser Interesse, sein eigenes (deutlich besseres?) Template der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen oder auf Basis unserer Version eine etwas professionellere Variante zu entwickeln? Wenn ja, einfach eine kurze E-Mail an info@kritische-anleger.de. Hier geht es zum Download unseres Excel-Templates mit allen Projekten.

Aktuelle Bonus-Aktionen der Crowdfunding-Plattformen

  • Exporo: 25 € geschenkt und reduzierte Mindestanlage für das erste Investment:
    Die Immobilien-Crowdfunding-Plattform Exporo schenkt Neukunden noch bis zum 31.03.2017 einen Beitrag in Höhe von 25 € auf das erste Investment. Durch die Nutzung des Gutschein-Codes 2017KA25 erhalten Sie nicht nur 25 € aufgeschlagen, sondern es reduziert sich gleichzeitig auch die Mindestanlage von den sonst üblichen 500 € auf 1 €, sodass Anleger mit einem eigenen Betrag von 1 € insgesamt 26 € investieren und so die Anlageklasse Crowdfunding über Exporo relativ risikolos ausprobieren können. Zur Nutzung der Aktion müssen Sie sich im Investitionsprozess der Plattform ganz normal registrieren und unter Punkt 5 ("Annahmeformular") den oben genannten Gutschein-Code eingeben. Über den folgenden Link sollte der Gutschein-Code bereits vorgemerkt sein.
  • Bergfürst 10 € geschenkt für das erste Investment:
    Eine ähnliche Aktion wie Exporo bietet auch Bergfürst derzeit an. Hier beträgt der Wert des Investitionsbonus 10 €. Durch die standardmäßig nicht vorhandene Mindestanlage können Sie die 10 € ohne eigenes Geld völlig risikolos in eines der Immobilienprojekte von Bergfürst investieren. Wie lange die Aktion noch laufen wird, ist derzeit nicht bekannt. Zur Bonus-Aktion von Bergfürst

Projekt 1: Zinsbaustein – Studentenapartments Heilbronn

Studentenapartments Heilbronn (Zinsbaustein)

Projektbeschreibung & Diskussion:

In letzter Minute konnten wir am 15.03. noch unsere 500 € beim Projekt "Studentenapartments Heilbronn" von Zinsbaustein platzieren. Das Immobilienvorhaben der Paulus Wohnbau GmbH wurde innerhalb weniger Tage voll finanziert, obwohl gerade Zinsbaustein in der Vergangenheit mit langen Finanzierungsperioden zu kämpfen hatte. Gebaut werden soll in etwa 500m Entfernung von der Hochschule Heilbronn ein privates Studentenwohnheim mit 48 Wohneinheiten und einer Gewerbeeinheit. Laut Projektbeschreibung wurde das Grundstück im Juni 2016 angekauft und die Baugenehmigung im gleichen Monat erteilt. Eine klassische Fremdkapitalfinanzierung soll über die Merkur Bank bereits abgeschlossen sein. Das Crowdfunding-Darlehen hat eine Laufzeit von etwas über 2 Jahren und wird mit 5,25 % verzinst, was etwas unter der vieler Projekte von Zinsland und Exporo liegt, die zumeist mit 6-7 % verzinst werden.

Das Ziel des Projektentwicklers ist laut Projektbeschreibung nicht die langfristige Vermietung, sondern der Verkauf der Wohneinheiten. Dieses Vorgehen ist im Immobilienbereich durchaus üblich, wodurch im Übrigen auch die relativ kurzen Laufzeiten der Darlehen resultieren. Laut Angaben von Zinsbaustein wurden bereits 4 von 48 Einheiten vor Beginn der Vertriebsaktivitäten verkauft, was zumindest Hoffnung auf entsprechende Nachfrage macht. Etwas stutzig machte uns die Angabe eines Zielpreises von 4.800 €/qm. Immowelt gibt für Heilbronn historische Preise zwischen 3.000 €/qm und 4.500 €/qm an, was doch deutlich unter dem angestrebten Wert liegt. In diesem Kontext ebenfalls kritisch zu sehen ist die relativ geringe Eigenkapitalquote von 7,8 %, die damit allerdings leider im für Immobilien-Crowdfunding-Projekte üblichen Rahmen liegt. Positiv ist immerhin, dass nicht etwa eine Projektgesellschaft als Darlehensnehmerin auftritt, sondern der Projektentwickler selbst (Paulus Wohnbau GmbH).

Das vorliegende Projekt von Zinsbaustein ist ein typisches Beispiel für den aktuellen Crowdfunding-Immobilienmarkt. Relativ geringe Eigenkapitalquote, hohe Erwartungen an den erzielbaren Quadratmeter-Preis und ein auf den ersten Blick gut klingendes Wohnprojekt. Doch der Erfolg des Projektes hängt vor allem davon ab, ob die Wohnungen auch tatsächlich verkauft werden. Werden sie es nicht, kann das den Projektentwickler potentiell in Schwierigkeiten bringen. Es ist heute völlig unklar, ob der Immobilienmarkt in Deutschland weiter so schnell wachsen wird oder nicht. Entsprechend ist es vor allem eine Wette auf weiter steigende Immobilienpreise und eine konstant hohe Nachfrage. Wer sein Portfolio nur mit Immobilienprojekten füllt, sollte an dieser Stelle ein wenig ins Grübeln kommen. Die von uns immer wieder geforderte Diversifikation ist kein Selbstzweck, sondern soll vor allem für Szenarien wie einen Immobiliencrash für etwas mehr Puffer sorgen.

Projekt 2: LeihDeinerUmweltGeld – Bioenergiedorf Groenlo

Bioenergiedorf Groenlo (LeihDeinerUmweltGeld)

Projektbeschreibung & Diskussion:

Bei diesem Projekt von LeihDeinerUmweltGeld handelt es sich mehr um die Finanzierung einer Projektentwicklung als um den Projektbau an sich. Die Firma RMS GmbH mit Sitz in Rodgau möchte über das Crowdfunding Geld für die Planung und Genehmigung einer Art Bioraffinerie in Groenlo (Niederlande) mit Biogas-, CO2-, Dünger- und Wasserproduktion einsammeln. Als Eingangsstoff soll Gülle von den lokalen Bauern genutzt werden, die diese laut Projektvideo in mehr als ausreichendem Maße zur Verfügung haben ("Gülleüberschuss"). Die Firma hat angeblich seit 10 Jahren Erfahrung mit der Projektierung von Biogasanlagen und hat dazu in der Vergangenheit auch Energiedienstleister beraten. Das Darlehen läuft über einen Zeitraum von 1,5 Jahren und wird mit 8 % endfällig verzinst.

Das Investment in dieses Projekt ist einerseits aufgrund der kurzen Laufzeit und des hohen Zinssatzes interessant. Auf der anderen Seite ist es aber wieder einmal ein Fall, bei dem die Grenzen zwischen einem klassischen Erneuerbare-Energien-Geschäftsmodell und einem unternehmerischen Vorhaben verschwimmen. Vordergründig investiert man zwar in die Biogasanlage, jedoch hat der Projekteigner gar nicht vor, diese Anlage tatsächlich zu bauen, sondern möchte diese als fertig geplantes Konzept inkl. Baugenehmigung an Investoren veräußern. Das Geschäftsmodell ist aus anderen Bereichen bekannt (z. B. Windkraftanlagen) und kann definitiv funktionieren. Es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern der durchschnittliche Anleger diese Zusammenhänge überhaupt versteht und den Zweck seines Darlehens an die RMS GmbH einschätzen kann.

Der vorliegende Fall wirft die generelle Frage auf, wo wir für unser Echtgeld-Portfolio die Grenze setzen zwischen "als Investment geeignet" und "besser die Finger davon lassen". Bei Startups ohne etabliertes Geschäftsmodell ist unsere Meinung klar: Finger weg! Doch wie sieht es bei unternehmerischen Wagnissen aus, deren Geschäftsmodell zwar bekannt und nachvollziehbar ist, sich aber (noch) nicht in der Breite praxisnah bewiesen hat. Uns fällt es bei diesem Projekt besonders schwer, diese Grenze zu ziehen. Natürlich kompensiert die Rendite von 8 % in gewisser Weise für die erhöhte Unsicherheit hinsichtlich des Geschäftsmodells, allerdings kann man nie genau quantifizieren, ob die Rendite für das Risiko wirklich ausreichend ist. Dafür bräuchte man deutlich mehr Erfahrungswerte zum vorliegenden Geschäftsmodell, die schlichtweg fehlen.

Wie mit solchen Projekten umgegangen werden sollte, dazu haben wir aktuell selbst keine abschließende Meinung. Da wir uns jedoch als eine Art "Crash-Test-Dummy" des Crowdfundings sehen, haben wir uns für ein Investment in dieses Projekt entschlossen. Wenn hier etwas schief geht, verlieren wir unser eigenes Erspartes. Dafür lernen wir dann hoffentlich im Insolvenzverfahren etwas über die Hintergründe. Geht alles gut, freuen wir uns über die satte Rendite im Echtgeld-Portfolio. Wer das Ganze nicht so pragmatisch sieht wie wir, sollte bei diesem Projekt zweimal überlegen, ob er sein Geld investiert.

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