Treffen sich das Finanzamt und ein Crowdinvesting-Anleger

15.03.2017 - Stefan Erlich - 0 Kommentare

Crowdfunding und die liebe Steuererklärung

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Wenn es in meinem Kalender ein Datum gibt, das mir Schweißperlen auf die Stirn treibt, dann ist es der 31. Mai. Dabei handelt es sich nicht etwa um den Hochzeitstag meiner Frau und mir, sondern um die jährliche Frist zur Abgabe meiner Steuererklärung. Nun muss ich gestehen, dass ich aufgrund meiner unternehmerischen Tätigkeit schon seit einigen Jahren keine Steuererklärung mehr selbst erstellt und abgegeben habe, denn diese Aufgabe übernimmt zum Glück mein Steuerberater. Schweißperlen ruft der 31. Mai aber dennoch bei mir hervor, da es für mich das mühsame Zusammensuchen der im Vorjahr erzielten Kapitalerträge bedeutet. Angesichts meiner frühen Crowdfunding-Investments bei bettervest und der in den letzten 11 Monaten im Rahmen unseres Crowdfunding-Tagebuches getätigten Anlagen sowie zahlreicher Tages- und Festgeldkonten in ganz Europa eine nicht ganz triviale Aufgabe.

Doch gehen wir das Thema langsam an. Die durch die Vergabe von nachrangigen Krediten im Rahmen von Crowdinvesting erzielten Zins- bzw. Kapitalerträge sind steuerpflichtig. In Deutschland gilt für Privatanleger die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag. Wer in der Kirche ist, zahlt zusätzlich noch 8 % bzw. 9 %. Dies ergibt effektiv einen Steuersatz zwischen 26,375 % (nicht kirchensteuerpflichtig) und 27,9951 % (kirchensteuerpflichtig mit 9 %). Wer im geschäftlichen Rahmen (z. B. einer GmbH) Crowdfunding-Kredite vergibt, unterliegt einer etwas anderen Besteuerung, allerdings soll diese hier nicht näher thematisiert werden. Die Steuer enthält deswegen das Wort “Abgeltung”, weil mit dem Abzug der 25 % an der Quelle (der Bank bzw. der Crowdfunding-Plattform) eigentlich alle steuerlichen Pflichten des Anlegers abgegolten sein sollten. Das klingt in der Theorie wunderbar, funktioniert aber insbesondere bei Crowdfunding-Investments leider nicht sonderlich gut.

Wer sich mit Crowdinvesting und unseren Risikohinweisen einmal näher beschäftigt hat, dem wird (hoffentlich) bewusst sein, dass diese Anlageform keine Wunderwaffe ist, genauso wenig wie Aktien oder Gold der Weisheit letzter Schluss sind (siehe dazu auch der Kommentar des Finanzjokers: “Kommen Sie endlich aus Ihrer finanziellen Ursuppe heraus!). Das liegt zum einen am hohen und nicht genau messbaren Risiko und zum anderen an der von uns immer wieder gepredigten Diversifikation über möglichst viele verschiedene Projekte und Plattformen, ohne die Crowdfunding mehr einem Casino-Besuch gleicht als einer halbwegs kalkulierbaren Geldanlage (siehe auch "Crowdfunding bringt Verluste! Na und?"). Diese Streuung gibt es aber nicht für umsonst, denn Sie müssen stetig über einen längeren Zeitraum hinweg kleinere Beträge in verschiedene Projekte investieren, das Ganze dokumentieren und die Zahlungsströme wie Tilgungen und Zinsgutschriften verfolgen. Das kostet Zeit und Nerven.

Welche Plattformen führen Abgeltungsteuer ab?

In diesem Kontext spielt leider auch das Thema Steuern eine große Rolle, denn während einige Crowdinvesting-Plattformen die oben erwähnte Abgeltungsteuer automatisch für die Projekteigner abführen (diese sind die eigentlichen Vertragspartner und Kreditnehmer), zahlen andere die Zinserträge ohne jegliche Abzüge aus. Letzteres freut Anleger auf den ersten Blick vielleicht, allerdings hat das im steuerlichen Kontext eher Nachteile als Vorteile, denn Sie müssen dem Finanzamt dann kleinlich nachweisen, welche Zinserträge wann in welcher Höhe angefallen sind. Je nach Plattform ist dieses Unterfangen nicht gerade simpel, was bei mir die anfangs erwähnten Schweißperlen vor dem 31. Mai hervorruft.

Die österreichische Crowdfunding-Plattform Immofunding hatte sich bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch nicht mit Feedback gemeldet und GeldzuGrün wird sich in den kommenden Monaten aus dem Markt zurückziehen, weshalb für diese beiden Anbieter die Angaben fehlen. Nun könnte man aus der Tabelle voreilig schließen, dass man sich besser auf die Anbieter der zweiten Spalte konzentriert, um den Aufwand so gering wie möglich zu halten, schließlich führen diese die Abgeltungsteuer direkt an der Quelle ab, wodurch sich die Angabe in der Steuererklärung erübrigen sollte. Das funktioniert aber nur dann so elegant, wenn man den persönlichen Sparer-Pauschbetrag von 801 € bereits im Rahmen anderer Anlagen ausgenutzt hat. Liegt man dagegen mit allen Anlagen noch unter den 801 €, wird es wieder komplexer, denn das Einreichen von Freistellungsaufträgen ist bei den meisten Plattformen nicht möglich, sodass man für die Berücksichtigung des Freibetrages am Ende doch wieder die Anlage KAP abgeben muss.

Mein persönlicher Weg ist derzeit, bei allen meiner Geldanlagen auf die Nutzung von Freistellungsaufträgen zu verzichten. Dadurch führen die Banken/Anbieter zwar zunächst einmal zuviel Abgeltungsteuer ab, da mein Sparer-Pauschbetrag unberücksichtigt bleibt, jedoch sorgt es hinsichtlich der Frage nach der Aufteilung des Freibetrages (“Wo habe ich nochmal einen Freistellungsauftrag in welcher Höhe angegeben?”) für Klarheit und ich hole mir die zuviel gezahlte Steuer am Ende des Jahres im Rahmen der Steuererklärung zurück. Ich erstelle in diesem Rahmen eine Excel-Tabelle mit allen Banken/Anbietern und den dort erzielten Kapitalerträgen und schlüssele dabei auf, ob Abgeltungsteuer abgezogen wurde und wenn ja, wie viel. Die daraus resultierenden Werte überträgt mein Steuerberater in die entsprechenden Felder der Anlage KAP. Das ist kein perfekter Weg, aber er erscheint mir für meine persönliche Situation derzeit als der mit dem geringsten Aufwand.

Das Argument für Plattformen, die die Abgeltungsteuer direkt abführen, stellt sich in der Praxis im Übrigen je nach persönlicher Situation eher als Gegenargument heraus, denn wer wie ich in der Anlage KAP alle Kapitalerträge angeben muss, braucht dafür eine Steuerbescheinigung. Zinsland und LeihDeinerUmweltGeld zum Beispiel stellen diese für jedes Projekt als PDF im Online-Bereich bereit. Andere Plattformen sind da weniger gut organisiert, sodass man in Einzelfällen extra nachfragen muss. Aus dieser Sicht erscheinen Plattformen, die die Zinsen zu 100 % auszahlen, fast schon vorteilhafter. Es kommt jedoch auf die persönliche Einkommens- und Steuersituation an, weshalb pauschale Empfehlungen hier fehl am Platz sind.

Verluste aus Crowdfunding-Projekten absetzbar oder nicht?

Ein leider viel zu wenig beachtetes Thema ist die steuerliche Berücksichtigung (“Absetzbarkeit”) von Verlusten beim Crowdinvesting. Das Ganze ist deswegen so interessant, weil es einen wesentlichen Einfluss auf die Renditeberechnung hat. Nehmen wir an, dass der Immobilienmarkt in 2017 in eine Krise rutscht und uns ein Nachrangdarlehen im Wert von 500 € ausfällt, weil die Projektgesellschaft Insolvenz anmelden musste. Könnten wir die 500 € als Verlust gegen die erzielten Kapitalerträge rechnen, so ließen sich im Idealfall etwas über 125 € an Steuern sparen (25 % zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer). Das entspricht bei einem Portfoliovolumen von 15.000 € (30 x 500 €) einer zusätzlichen Rendite von etwa 0,80 %. Leider sieht die Realität aber nicht so schön aus, denn alles, was sich dazu im Internet findet, deutet darauf hin, dass das Finanzamt eine solche Gegenrechnung nicht zulässt (z. B. hier, hier und hier).

Dass die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Crowdfunding-Anlagen in Einzelfällen dennoch möglich sein kann, zeigt ein Eintrag im Crowdinvesting-Forum aus dem August letzten Jahres. Dort berichtet ein Nutzer, dass seine nachrangigen Forderungen gegenüber einem insolventen Startup ohne Probleme vom Finanzamt anerkannt und gegen die positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen gegengerechnet wurden. Als Nachweis reichte eine E-Mail des Insolvenzverwalters und der Investitionsvertrag. Gehen Sie jedoch davon aus, dass eine solch positive Rückmeldung eher die Ausnahme als die Regel sein dürfte. Ich bin weder Steuerberater noch würde ich behaupten, mich mit dem Thema außergewöhnlich gut auszukennen. Konsultieren Sie daher beim Thema Steuern im Zweifel lieber einen Steuerberater, denn nur der kann Ihnen verlässliche Aussagen liefern.

Fazit: Crowdfunding ist “steuerhässlich”

So interessant Crowdinvesting aufgrund des innovativen Ansatzes und der möglichen Renditen auch wirken mag, so ernüchternd zeigt sich diese Anlageform beim Thema Steuern. Auch hier müssen die üblichen 25 % Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an den Staat abgeführt werden. Bei einigen Plattformen geschieht dies automatisch, bei anderen nicht (siehe Tabelle oben). Diese unterschiedliche Handhabung der Besteuerung, kombiniert mit der von uns immer wieder geforderten breiten Streuung verursacht im Rahmen der Steuererklärung einen höheren Aufwand als erwartet. So müssen Transaktionsbelege zusammengesucht und Steuerbescheinigungen angefordert werden, um am Ende eine Übersicht über die insgesamt erzielten Kapitalerträge und bereits abgeführten Steuern zu erhalten. Das Ganze ist für Anleger mit grundlegenden Excel-Kenntnissen und etwas Zeit keine unüberwindbare Hürde, aber es ist definitiv mehr Aufwand als bei einem simplen Tagesgeldkonto.

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