Crowdinvesting-Tagebuch Februar 2017

15.02.2017 - Stefan Erlich - 1 Kommentar

Crowdfunding-Tagebuch Februar 2017

Im letzten Monat ist in der Crowdfunding-Welt und in unserem Portfolio viel passiert. Neben den üblichen zwei neuen Projekten im Wert von jeweils 500 € (von LeihDeinerUmweltGeld und Exporo) erhielten wir eine weitere Zinszahlung aus unserem Portfolio, ärgerten uns über eine wenig transparente Projektbeschreibung, sahen uns zeitweise mit dem ersten größeren Verlust im Crowdfunding-Markt konfrontiert und grübelten dann auch noch über die vorzeitige Rückzahlung eines Darlehens von Zinsland. Los geht es aber zunächst mit unserem Portfolio-Überblick.

Risikohinweis: Der Erwerb von Vermögensanlagen über Crowdfunding ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Bitte beachten Sie dazu auch unsere ausführlichen Hinweise und vergessen Sie nie die Streuung über möglichst viele verschiedene Projekte, um das Verlustpotential zu minimieren.

Aktueller Portfolio-Überblick mit allen Zahlen

Diesen Monat flossen unsere 1.000 € in ein Biogas-Projekt von LeihDeinerUmweltGeld und ein erstaunlich kurzläufiges Immobilienprojekt von Exporo in Frankfurt. An Zinszahlungen erhielten wir erfreuliche 10,52 € von greenXmoney, plus 10,73 € an Tilgung. Dadurch verfügen wir mittlerweile über einen Cash-Bestand in Höhe von 29,55 €, wobei hiervon eigentlich noch die zu zahlenden Steuern auf die Zinszahlung von greenXmoney abzuführen sind (knapp 3 €). Da greenXmoney die Steuer nicht direkt abführt, müssen wir dies als fiktive Zahlung in unserer Excel-Tabelle abbilden, denn die eigentliche Zahlung wird erst im Rahmen der nächsten Steuererklärung fällig. Wie genau wir das umsetzen werden, klären wir in der nächsten Ausgabe des Crowdfunding-Tagebuches.

Unser Crowdfunding-Portfolio hat diesen Monat nun die magische Hürde von 10.000 € genommen. Insgesamt 10.020 € haben wir mittlerweile investiert - ein stattlicher Betrag, der aber in den kommenden Monaten noch weiter wachsen soll. Langfristig soll das Ganze auf über 30.000 € anwachsen, um eine extrem breite Streuung (60+ Projekte) und einen entsprechend hohen Umschlag an Projektzahlungen zu erzeugen. Die Dominanz der Immobilienprojekte im Portfolio werden wir wohl nicht signifikant reduzieren (können), zum einen aufgrund der geringen Verfügbarkeit alternativer Projekte und zum anderen aufgrund der vergleichsweise hohen Renditen der Immobilienprojekte. Eine Diversifikation weg von Immobilien würde zwar die Korrelation zwischen den Projekten verringern, gleichzeitig aber die Durchschnittsrendite verringern, ohne dass zwangsläufig die Ausfallwahrscheinlichkeit sinkt. Es ist ein Dilemma, das sich wohl nicht so schnell auflösen wird.

Als kleine Herausforderung hat sich mittlerweile übrigens die Zuordnung der Zins- und Tilgungszahlungen zu den verschiedenen Projekten herausgestellt. Gerade greenXmoney machte uns hier mit wenig aussagekräftigen PDF-Dokumenten und Überweisungsbetreffs das Leben schwer, da wir außerhalb unseres Echtgeld-Portfolios noch einige weitere Projekte dort finanziert haben. Entsprechend tauchten im Kontoauszug plötzlich viele verschiedene mit Nummern kodierte Gutschriften auf, die nur mühselig durch den Abgleich mit den PDF-Dokumenten aus dem Online-Bereich den Projekten zugeordnet werden konnten. Eine Inkludierung des Projektnamens in den Überweisungsbetreff wäre hier sicherlich hilfreich.

Aktuelle Projekte und Kennzahlen unseres Crowdfunding-Portfolios (Stand: Februar 2017)

Neuigkeiten & Gedanken zum Thema Crowdfunding

Beinahe-Pleite bei Valerum Invest?

Für den Berliner Immobilien-Vermarkter Valerum Invest wurde Ende Januar beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ein Insolvenzantrag gestellt. Dieser wurde später wieder zurückgenommen, jedoch verbleibt bei der ganzen Sache ein ungutes Gefühl. Valerum Invest ist u. a. bei mehreren über Exporo und Zinsland finanzierten Projekten involviert. Inwiefern die Pleite von Valerum Invest tatsächlich zu Verlusten bei Crowdfunding-Anlegern geführt hätte, ist nicht ohne Weiteres einzuschätzen. Wichtiger ist ohnehin die Erkenntnis, dass mögliche Verluste bei Immobilien-Crowdfunding-Projekten in Zukunft wohl nicht ausbleiben werden. Lesen Sie dazu auch unseren ausführlichen Kommentar: Crowdfunding bringt Verluste! Na und?.

Zweifelhafte Projektbeschreibung bei Bergfürst

Die Crowdfunding-Plattform Bergfürst finanzierte kürzlich ein Projekt in Stuttgart ("Stuttgart Neckarstraße"), das als Bestandsimmobilie in guter Lage durch ein hohes Maß an Sicherheit zu überzeugen versuchte. Erst auf den zweiten und dritten Blick wurde jedoch klar, dass es sich bei dem Investment nur sehr indirekt um die Immobilie in Stuttgart drehte. Der Unternehmer Dr. Peter Dreher möchte mit dem Crowd-Darlehen scheinbar nicht so sehr die Bestandsimmobilie aufmöbeln oder erweitern, sondern neue Immobilien auf Mallorca umsetzen. Das Haus in Stuttgart dient dabei über eine Projektgesellschaft nur als eine Art Sicherheit. Dabei muss man ganz klar sagen, dass uns nicht so sehr das Vorhaben von Herrn Dreher auf Mallorca stört, sondern dass dies nicht klarer in der Projektbeschreibung kommuniziert wurde. Als Anleger möchte man doch schließlich wissen, wofür das Darlehen verwendet wird. Hier sollte Bergfürst definitiv transparenter und offener werden.

Vorzeitige Rückzahlung bei Zinsland - Glücksfall oder Problem?

Zinsland hat Ende Januar die Beträge für Tilgung und Zinsen an die Anleger des Projektes Hansa Palais Berlin überwiesen. Die laut Vertrag erst für Ende April 2017 vorgesehene Rückzahlung kam nun etwa 3 Monate zu früh, was einerseits Freude bereitet, andererseits aber auch bedeutet, dass das Geld anderweitig angelegt werden muss. Dass solche früheren Rückzahlungen möglich sind, war uns bisher nicht in dem Maße bewusst, auch wenn dies recht klar im Vertragswerk von Zinsland geregelt ist. Grundsätzlich wollen wir an dieser Stelle auch gar nicht darüber urteilen, sondern vielmehr darauf hinweisen, dass solche vorzeitigen Rückzahlungen vorkommen können und dann das Problem der erneuten Anlage nach sich ziehen. Für viele Anleger dürfte das wahrscheinlich kein Problem darstellen. Gerade in größeren Portfolios wie unserem macht die Neuanlage aber durchaus Aufwand. Im vorliegenden Fall befindet sich das Projekt allerdings nicht in unserem Echtgeld-Portfolio.

Projekt 1: LeihDeinerUmweltGeld – Bioenergiedorf Müden

Bioenergiedorf Müden (LeihDeinerUmweltGeld)

Projektbeschreibung & Diskussion:

Im Rahmen dieses Crowdfunding-Projektes von LeihDeinerUmweltGeld und der BEMA Biogas GmbH soll das zur Biogasanlage in Müden (Niedersachsen) gehörige lokale Nahwärmenetz ausgebaut und erweitert werden, um zusätzliche Haushalte und Unternehmen mit Wärme aus der Anlage zu versorgen. Das Darlehen wird über eine Laufzeit von 7 Jahren mit 5 % pro Jahr verzinst, wobei Tilgung und Zinsen jedes Jahr in Form einer fixen Annuität an die Anleger fließen. Das ist insofern positiv zu bewerten, dass jedes Jahr die Restschuld und damit das Verlustrisiko sinkt. Die Laufzeit bleibt natürlich vergleichsweise lang, allerdings haben wir mit unserem Portfolio ohnehin einen langfristigen Anlagehorizont und begrüßen die Möglichkeit, in andere Projekte als Immobilien investieren zu können, um die Korrelation zwischen den Projekten zu verringern. Insgesamt wirkte das Projekt auf uns vergleichsweise simpel und einfach zu verstehen, was im Anlagebereich leider eher Seltenheitswert hat. Bezüglich der Bonität des Schuldners über die kommenden 7 Jahre sagt dies aber natürlich wenig aus.

Hinweis: Der Transparenz halber sei hier erwähnt, dass unser Redakteur David Stahmann Mitglied im Investorenbeirat von LeihDeinerUmweltGeld ist.

Gedanken & Beobachtungen:

  • Projektfazit der Allianz Climate Solutions: In der Projektbeschreibung steht ein Dokument der im Bereich grüner Investments relativ bekannten Firma Allianz Climate Solutions zum Download bereit. In diesem Projektfazit finden sich letztlich keine sonderlich neuen Erkenntnisse, außer dass sowohl auf der Input-Seite (Substratlieferung für die Biogasanlage) als auch auf der Output-Seite (Wärmenutzung) aktuell keine größeren Probleme zu erwarten sind. Angemerkt wird einzig, dass nach 2018 einige Substratlieferverträge verlängert bzw. neu abzuschließen sind und dass Substrate gewissen Marktpreisschwankungen unterliegen. Beides sind allerdings aus unserer Sicht keine sonderlich kritischen Punkte. Es entstand bei uns eher der Eindruck, dass das Projektfazit insgesamt eher einem Marketingdokument denn einer Projektanalyse entspricht.
  • Transparenz: Grundsätzlich positiv bewerten wir die Transparenz der Plattform LeihDeinerUmweltGeld im Rahmen der Projektbeschreibung. Das Geschäftsmodell der Biogasanlage wird ausreichend erklärt und es finden sich die letzten 3 Jahresabschlüsse der Firma BEMA Biogas GmbH als Download. Auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung steht zur Verfügung, allerdings sind solche Rechnungen stets mit Vorsicht zu genießen, weil sich die Annahmen zum einen nicht überprüfen lassen und zum anderen in der Zukunft natürlich ändern können. Dennoch sind wir zufrieden mit den Angaben.
  • Automatischer Steuerabzug: Ein großer Vorteil von LeihDeinerUmweltGeld liegt aus unserer Sicht im automatischen Abzug der deutschen Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % plus Soli und ggf. Kirchensteuer. Das erspart bei vielen (nicht allen) Anlegern die jährliche Angabe der Zinserträge in der Steuererklärung. LeihDeinerUmweltGeld stellt hierzu am Anfang jeden Jahres eine Steuerbescheinigung aus.

Projekt 2: Exporo – Herriotstraße Frankfurt

Herriotstraße Frankfurt (Exporo)

Projektbeschreibung & Diskussion:

Bei dem Projekt Herriotstraße handelt es sich um eine Bestandsimmobilie in Frankfurt-Niederrad, die laut Projektbeschreibung an einen der bestehenden Mieter verkauft werden soll. Entsprechende Verhandlungen seien im Gange und man erwarte einen Abschluss in der ersten Jahreshälfte 2017, heißt es zumindest auf der Projektseite von Exporo. Die Frage, die sich uns bei solchen Projekten stets stellt ist, warum angesichts so fortgeschrittener Verhandlungen überhaupt ein Darlehen aufgenommen wird, zumal die Kosten für das Darlehen ja alles andere als niedrig sind. Die Projektbeschreibung liefert dazu keine befriedigend Antwort. Vorstellbar ist einzig, dass das Eigenkapital der Eigner anderswo schon profitabler investiert werden kann und dieses Eigenkapital mit dem Crowdfunding ersetzt werden soll. Es verbleibt in diesem Kontext insgesamt das Gefühl, dass hier nicht 100 % transparent über die Intentionen der Eigner und des Darlehens gesprochen wird.

Interessant wird das nachrangige Darlehen aber dennoch aufgrund der ungewöhnlich kurzen Laufzeit von nur etwa 9 Monaten, der dafür relativ guten Zinsen (4,75 %) und der Besicherung durch eine erstrangige Grundschuld. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht das nachrangige Darlehen der Anleger selbst besichert wird. Dieses fließt zunächst an die eigens dafür gegründete Projektgesellschaft Exporo Herriotstraße GmbH. Diese wiederum reicht das Geld weiter an die Eignergesellschaft WID FH5 GmbH & Co. KG. Erst dieses Darlehen ist mit einer erstrangigen Grundschuld besichert. Für Anleger bedeutet das zwar durchaus etwas mehr Sicherheit, allerdings ist für die Rückzahlung des nachrangigen Crowdfunding-Darlehens an die Anleger die Exporo Herriotstraße GmbH verantwortlich, sodass die genannte Sicherheit nur indirekt wirkt. Interessant ist hier, ob sich nicht ähnliche Kritik wie bei der Realsicherheit von ReaCapital anbringen ließe (siehe letztes Crowdfunding-Tagebuch). Hier tappen wir selbst ein wenig im Dunkeln, um ehrlich zu sein.

Gedanken & Beobachtungen:

  • Hauseigene Risikoeinstufung: Ein Punkt, den wir bei Exporo bereits seit Längerem kritisieren, ist die mangelnde Transparenz bei der Einstufung von Projekten auf der hauseigenen Risikoskala. Das vorliegende Projekt wurde in die Kategorie A eingestuft (die beste), allerdings lässt sich für uns als Anleger nicht nachvollziehen, wie diese Einstufung zustandegekommen ist. Exporo hat diesbezüglich mehr Transparenz versprochen, allerdings ist bis heute nichts passiert. Andere Plattformen wie iFunded sind in dem Kontext wesentlich offener.
  • Welche Intentionen haben die Projekteigner?: Ein Punkt, den wir bereits oben kurz angesprochen haben, ist die eigentliche Intention der Projekteigner. Warum nehmen diese einen so teuren Kredit auf? Was genau soll damit bezweckt werden? Im vorliegenden Fall wird diese Frage in der Projektbeschreibung leider nur unzureichend beantwortet. Es erinnert ein wenig an die Problematik im Kontext des über Bergfürst finanzierten Projektes des Herrn Dr. Drehers.
  • Lastschrift & SteuerabzugExporo fällt wie immer positiv durch die Möglichkeit des Lastschriftverfahrens auf, wodurch man nicht mehr selbst die Überweisung des Anlagebetrages vornehmen muss. Gleichzeitig übernimmt Exporo aber, anders als LeihDeinerUmweltGeld, nicht den Steuerabzug, wodurch die Angabe und Versteuerung der Zinserträge in der Steuererklärung zur Pflicht wird. Für Anleger, die ohnehin ein größeres Portfolio aufbauen (was wir zur Verringerung des Verlustpotentials dringend empfehlen), ist letzteres allerdings keine große Hürde, da leider viele Plattformen die Steuer nicht direkt abführen.

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am 25.01.2020 - 01:35 Uhr Link

Würde gerne mehr Transparenz erfahren für Investoren wenn ein Projekt bei Bergfürst die Zinszahlungen nicht eintrifft, so das die Anleger ein Recht auf Informationen im digitalen Postfach diesbezüglich erhalten u. bestimmt auch wünschenswert wäre!

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